Mandanteninformation | 27.11.25
Neue Verordnung zur Vereinfachung des Inhaberkontrollverfahrens
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat die „Verordnung zur Vereinfachung von Inhaberkontrollverfahren und bestimmter Personenanzeigen“ in Kraft gesetzt. Ziel ist der spürbare Abbau bürokratischer Hürden und eine Beschleunigung der Inhaberkontrollverfahren.
Einleitung
Wer beabsichtigt, eine bedeutende Beteiligung (unmittelbar oder mittelbar mehr als 10 %) an einem regulierten Institut in Deutschland (etwa Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut) zu erwerben, muss dies gemäß § 2c des Kreditwesengesetzes („KWG“) unverzüglich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) und der Deutschen Bundesbank anzeigen.
Mit der Anzeige beginnt das sog. Inhaberkontrollverfahren, das den Aufsichtsbehörden ermöglicht, den Erwerber anhand der im KWG festgelegten Kriterien zu prüfen. Im Mittelpunkt steht die Beurteilung der Zuverlässigkeit des interessierten Erwerbers. Hierfür sind zahlreiche Unterlagen bei den Aufsichtsbehörden einzureichen. Die Anforderungen an diese Unterlagen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen, was zu längeren Bearbeitungszeiten führte. Obwohl die gesetzliche Bearbeitungsfrist 60 Tage beträgt, läuft sie erst, wenn die BaFin die Vollständigkeit der Unterlagen bestätigt hat.
Die Pflichten zur Anzeige und Dokumentation sind in der Inhaberkontrollverordnung („InhKontrollV“) sowie der Verordnung über die Anzeigen und die Vorlage von Unterlagen nach dem Kreditwesengesetz („AnzV“) näher ausgestaltet. Die jüngsten Änderungen betreffen vor allem die InhKontrollV und werden teilweise in der AnzV übernommen.
Mit der geänderten Verordnung sollen die erforderlichen Unterlagen und das Verfahren spürbar vereinfacht werden, ohne die materielle Prüfung (insb. Zuverlässigkeit) aufzugeben.
Kernpunkte der Vereinfachungen
Die Neuerungen kommen vor allem internationalen Erwerbern, Konzernstrukturen mit Zwischengesellschaften sowie Transaktionen in Abwicklungssituationen zugute. Für Private-Equity-Gesellschaften und andere professionelle Investoren mit komplexen Beteiligungsstrukturen verringert sich dadurch der Dokumentationsaufwand. Konkret hat die BaFin folgende Vereinfachungen eingeführt:
Vereinfachung für anzeigepflichtige Zwischengesellschaften
Wesentliche Erleichterungen gelten für anzeigepflichtige Zwischengesellschaften. Unternehmen, die nur eine indirekte Beteiligung erwerben oder erhöhen und nicht an der Konzernspitze stehen, müssen künftig – abgesehen von der Anzeige der Erwerbsabsicht – grundsätzlich keine weiteren Unterlagen wie z.B. Finanzierungs- oder Strategieangaben mehr einreichen (vgl. § 16 Abs. 10 InhKontrollV n.F.). Die Aufsichtsbehörden können jedoch weiterhin zusätzliche Unterlagen anfordern (vgl. § 16 Abs. 13 InhKontrollV n.F.). Hintergrund der Vereinfachung ist, dass diese Unternehmen, meistens nicht-operative Zweckgesellschaften, in der Regel keinen direkten Einfluss auf das Zielinstitut haben und ihrerseits von dem Unternehmen an der Konzernspitze kontrolliert werden.
Vereinfachungen bei natürlichen Personen
Ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister ist für relevante natürliche Personen nicht mehr erforderlich, wenn diese in den letzten zehn Jahren weder in Deutschland gewohnt noch dort beruflich tätig waren (vgl. § 9 Abs. 9 InhKontrollV n.F.). Damit wird die Frist an die für Führungszeugnisse angeglichen und auf zehn Jahre begrenzt.
Führungszeugnisse müssen weiterhin für alle relevanten natürlichen Personen vorgelegt werden (vgl. § 9 Abs. 8 InhKontrollV n.F.). Für ausländische Personen oder Personen mit Wohnsitz außerhalb Deutschlands in den letzten zehn Jahren sind entsprechende ausländische Führungszeugnisse erforderlich. Die BaFin erkennt ausländische (auch elektronische) Führungszeugnisse nun leichter an; eine Einreichung entfällt, wenn die relevanten Eintragungen bereits im (Europäischen) Führungszeugnis enthalten sind. Für Nicht-EU-Staaten sind auch „entsprechende“ oder „gleichwertige“ Dokumente zulässig. „Entsprechende“ Dokumente sind amtliche Unterlagen zu Registereintragungen, die direkt von einer ausländischen Behörde an die BaFin übermittelt werden. „Gleichwertige“ Dokumente können elektronische Bescheinigungen sein, die eine digitale Validierung ermöglichen und inhaltlich vergleichbar aussagekräftig sind.
Lebensläufe der relevanten natürlichen Personen müssen nicht mehr eigenhändig unterschrieben werden, um das Kontrollverfahren stärker zu digitalisieren.
Die Erleichterungen zu Gewerbezentralregister, Führungszeugnissen und Lebensläufen gelten nicht nur für das Inhaberkontrollverfahren, sondern auch für bestimmte Personenanzeigen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 15 KWG (z.B. Bestellung von Geschäftsleitern und Organmitgliedern). Die Änderungen der Inhaberkontrollverordnung werden in der Anzeigenverordnung gespiegelt.
Wiederverwendung von Unterlagen
Bereits eingereichte und weiterhin gültige Unterlagen dürfen erneut verwendet werden (vgl. § 16 Abs. 1 InhKontrollV n.F.). Die bisherige Beschränkung auf Unterlagen aus Inhaberkontrollverfahren entfällt. Jetzt können auch Unterlagen aus Anzeigen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 15 KWG sowie aus Erlaubnisverfahren nach § 32 KWG wiederverwendet werden, sofern sie noch aktuell sind. Der Anzeigepflichtige muss die Aktualität prüfen und dies im Formular bestätigen.
Vereinfachung in Abwicklungssituationen bei Leasing-/Factoring-Instituten
Bei Beteiligungserwerben an Leasing- oder Factoring-Instituten, die sich in der Abwicklung befinden, kann die Aufsicht ganz oder teilweise auf Unterlagen verzichten (vgl. § 16 Abs. 12a Nr. 3 InhKontrollV n.F.). Das Verzichtsermessen wird so ausgeübt, dass die Anforderungen an Solvenz und Geldwäscheprävention weiterhin erfüllt bleiben.
Inkrafttreten der Vereinfachungen
Die geänderte Verordnung ist seit dem 25. November 2025 in Kraft (vgl. BGBl. I 2025, Nr. 277 v. 24. November 2025). Übergangsfragen betreffen primär bereits laufende Verfahren; dort kann die Aufsicht Nachreichungen oder Erleichterungen im Einzelfall berücksichtigen.
Anwendbarkeit der Vereinfachungen auf andere Finanzinstitute
Vergleichbare Regelungen der Inhaberkontrolle wie in § 2c KWG finden sich in § 17 Versicherungsaufsichtsgesetz für den Versicherungssektor, auf diesen ist die InhKontrollV unmittelbar anwendbar. Die neuen Erleichterungen gelten daher auch im Versicherungsbereich.
Eine weitere sektorale Beteiligungskontrolle besteht bei Zahlungs- und E-Geld-Instituten (vgl. § 14 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – „ZAG“). Das ZAG verweist jedoch nur teilweise auf die KWG-InhKontrollV. Deshalb greifen die neuen Erleichterungen hier nicht automatisch – es ist eine Einzelfallprüfung erforderlich.
Für Kapitalverwaltungsgesellschaften gelten die Vereinfachungen nicht, da die InhKontrollV dort keine Anwendung findet. Gleiches gilt für Wertpapierinstitute, die eigenen Regelungen unterliegen (Wertpapierinstituts-Inhaberkontrollverordnung und europäische Vorgaben).
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die Reform bringt praxisrelevante Entlastungen ohne Abkehr von der materiellen Kontrolle. Sie beschleunigt insbesondere Konzernfälle und grenzüberschreitende Sachverhalte und modernisiert die Kommunikation mit der Aufsicht. Für bevorstehende Transaktionen lohnt eine kurzfristige Überprüfung des Umfangs der Anzeige- und Dokumentations- bzw. Nachweispflichten.
Dealplanung: Prüfen Sie bei konzerninternen Umhängungen und indirekten Erwerbsketten, ob künftig die Anzeige ohne umfassende Unterlagen genügt.
Personenunterlagen: Planen Sie die neuen Erleichterungen zu Führungszeugnissen/Gewerbezentralregister und Formanforderungen in Ihre Checklisten ein.
Unterlagenmanagement: Nutzen Sie die Wiederverwendungsmöglichkeit aktueller Dokumente; stellen Sie auf elektronische Einreichungswege um.
Elektronische Einreichung: BaFin und Deutsche Bundesbank können die elektronische Einreichung von Anzeigen und Unterlagen vorgeben; die Einreichungswege werden auf den Webseiten der Behörden bekannt gemacht.
Unterstützung und Projektsteuerung: Inhaberkontrollverfahren lassen sich effizient über erprobte Checklisten und Vorlagen steuern; die Begleitung durch spezialisierte Anwältinnen und Anwälte mit Erfahrung in der (auch ungeschriebenen) Verwaltungspraxis von BaFin und Bundesbank kann den Prozess spürbar beschleunigen und Risiken frühzeitig adressieren.
Diese Mandanteninformation beinhaltet lediglich eine unverbindliche Übersicht über das in ihr adressierte Themengebiet. Sie ersetzt keine rechtliche Beratung. Als Ansprechpartner zu dieser Mandanteninformation und zu Ihrer Beratung stehen gerne zur Verfügung.