In a Nutshell | 03.01.25
Überschuldung
Überschuldung tritt ein, wenn das Vermögen eines Unternehmens oder einer Person die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Ein solcher Zustand führt jedoch nicht zwangsläufig zur Insolvenz. Gemäß § 19 Abs. 2 InsO kann eine positive Fortbestehensprognose die Zahlungsunfähigkeit abwenden.
Das Wichtigste in Kürze:
- Überschuldung ist bei Kapitalgesellschaften und GmbH & Co. KG’s neben Zahlungsunfähigkeit ein zwingender Insolvenzeröffnungsgrund.
- Geschäftsleiter sind gesetzlich verpflichtet, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen, um sich und die Gläubiger zu schützen.
- Der Beitrag erklärt, wie man eine Überschuldung erkennt, welche Pflichten Geschäftsleiter haben und welche Maßnahmen zur Abwendung oder Behebung ergriffen werden können.
Definition der Überschuldung
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine positive insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose vorliegt (§ 19 Abs. 2 InsO).
Prüfung der Voraussetzungen
Die Ermittlung der Überschuldung erfolgt in einem zweistufigen Verfahren:
- Erstellung der Fortbestehensprognose: Eine positive Fortbestehensprognose liegt vor, wenn der Fortbestand des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert ein Gesamturteil über die Fähigkeit, jederzeit die fälligen Verbindlichkeiten begleichen zu können. Der Prognosezeitraum beträgt 12 Monate. Eine danach eintretende Liquiditätslücke begründet keine Überschuldung, selbst wenn das Reinvermögen negativ ist. Sofern die Liquiditätslücke nach 12 Monaten, aber innerhalb der nächsten 24 Monate eintritt, liegt nur drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) vor.
- Erstellung eines Überschuldungsstatus: Nur wenn eine positive Fortbestehensprognose nicht vorliegt, ist zu prüfen, ob das Unternehmen rechnerisch überschuldet ist. Dazu sind das Vermögen und die Schulden in einem stichtagsbezogenen Abschluss gegenüberzustellen. Ist das Reinvermögen negativ, liegt Überschuldung vor.
Erstellung der Fortbestehensprognose
Die Prognose wird anhand einer Liquiditätsplanung für den relevanten Prognosezeitraum erstellt. Diese kann aus der Unternehmensplanung abgeleitet werden. Im Liquiditätsplan erfolgt eine taggenaue Erfassung aller fälligen Zahlungsverpflichtungen und der zu ihrer Erfüllung an diesem Tage verfügbaren Finanzmittel des Schuldners. Der jeweilige Zahlungsmittelbestand des Vortages wird einbezogen. Die Erfassung der Liquidität in den nächsten 10 bis 20 Tagen hat taggenau zu erfolgen. Für den Zeitraum danach reichen überschlägige und statistisch gestützte Annahmen aus.
Erstellung des Überschuldungsstatus
Der Überschuldungsstatus wird erstellt, wenn keine positive Fortbestehensprognose vorliegt. Dazu werden Vermögen und Schulden in einem stichtagsbezogenen Abschluss gegenübergestellt. Vermögenswerte und Schulden werden mit Liquidationswerten angesetzt. Dabei sind gegebenenfalls vorhandene stille Reserven und Lasten aufzudecken. Die Verwertungsmöglichkeiten müssen hinreichend konkret sein und die Vermögenswerte im Zweifel eher vorsichtig bewertet werden.
Rechtsfolgen der Überschuldung
Bei Vorliegen einer Überschuldung sind die gesetzlichen Vertreter verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Wochen, einen Insolvenzantrag zu stellen (§ 15a Abs. 1 InsO). Versäumen die gesetzlichen Vertreter die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags, drohen ihnen Haftung und Strafen wegen Insolvenzverschleppung. Sie haften im Innenverhältnis der Gesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter für den dadurch eingetretenen Schaden und können auch gegenüber den Gläubigern haftbar gemacht werden.
Maßnahmen zur Abwendung einer Überschuldung
Liquiditätswirksame Maßnahmen
Zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit während des Prognosezeitraumes können Maßnahmen zur Liquiditätszuführung ergriffen werden. Dazu gehören:
- Gesellschafterdarlehen zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen.
- Erhöhung des Eigenkapitals durch zusätzliche Einlagen der Gesellschafter oder Dritter.
- Sanierungskredite: Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen.
- Verwertung von nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen: z.B. Verkauf von Immobilien, Sale-and-Lease-Back-Geschäfte, Factoring.
Maßnahmen zur Verringerung der Passivseite
Die Passivseite der Bilanz kann durch folgende Maßnahmen verringert werden:
- Debt-to-Equity-Swap: Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital.
- Rangrücktrittsvereinbarungen: Vereinbarungen mit Gläubigern, dass deren Forderungen im Insolvenzfall nachrangig behandelt werden.
- Erlass und Aufrechnung: Verhandlungen mit Gläubigern über den Erlass von Schulden oder die Aufrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten.
Restrukturierungsmaßnahmen
- Sanierungskonzepte: Erstellung und Umsetzung von Sanierungskonzepten zur nachhaltigen Verbesserung der Ertrags- und Liquiditätslage.
Restrukturierungspläne gemäß StaRUG: Nutzung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens für Unternehmen (StaRUG) zur Durchführung von Restrukturierungsmaßnahmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens.
Dieser Artikel bietet eine unverbindliche Übersicht über das behandelte Themengebiet und ersetzt keine rechtliche Beratung. Für weiterführende Informationen oder eine persönliche Beratung stehen Ihnen unsere Ansprechpartner gerne zur Verfügung: